Zypern-Deal: EU stellt Bankensystem um

Montag, den 25. März 2013 um 14:28 Uhr

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Der Deal Zyperns mit der EU bedeutet die Übernahme der Kontrolle aller europäischen Bank-Guthaben durch die EU. Wer sein Geld auf die Bank getragen hat, hat ab sofort keine Sicherheit mehr, dass er es jemals wiedersieht. Ab sofort sind alle Banken in der Euro-Zone offizielle Hausbanken der Bürokraten in Brüssel.
Der aus Panik vor einem verfrühten Euro-Crash gezimmerte Dealzwischen Brüssel und Zypern markiert das Ende des klassischen Bank-Wesens, wie man es bisher kannte. Die Troika hat den vollen Zugriff auf jedes einzelne Bank-Konto – und macht im Krisenfall davon knallhart Gebrauch.


Nur scheinbar ist nämlich der Wegfall der Zwangs-Abgabe ein Erfolg. Die Euro-Retter haben davon vorerst die Finger gelassen, weil es sonst am Montag zu einem Bank-Run in ganz Europa gekommen wäre.

Der Schuldenschnitt ist in Wahrheit viel härter. Denn die Troika aus von niemandem gewählten Funktionären von EU, IWF und EZB hat nunmehr amtlich festgestellt: Bank-Guthaben von über 100.000 Euro sind vogelfrei. Auf sie kann nach Belieben, ohne Vorwarnung und ohne Rechtssicherheit über Nacht zugegriffen werden. Die Grenze von 100.000 Euro ist absolut willkürlich.

Nur Leute, die annehmen, dass ihr Gehalt und ihre Rente auf ewig sicher sind, werden dem schleimigen Gerechtigkeits-Gefasel von Schäuble & Co. aufsitzen, dass 100.000 Euro automatisch Reichtum bedeuten. Jede ausbezahlte Lebensversicherung, Abfertigung, angesparte Gelder, Erbschaften können diesen Betrag schnell übersteigen. Die Lehre für jeden Bürger in der Euro-Zone ist eine Umwertung aller bisherigen Werte: Nur Geld, das man nicht auf der Bank hat, ist sicher.

Die kalte Enteignung in Zypern wird vor allem die Wirtschaft treffen und muss jedem Unternehmer den kalten Schweiß auf die Stirn treiben. Die vielzitierten russischen Oligarchen sind nicht diejenigen, die es wirklich trifft. Sie haben in der Regel komplexe Firmengeflechte, mit denen sie Vermögen hin- und herschieben können, und zwar von einer Steuer-Oase zur nächsten.

Für einen mittelständischen Unternehmer dagegen ist das Bank-Konto in der Regel der Ort, wo er seine Liquidität verwaltet.

Der DIHK sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten: „Die Auswirkungen werden vornehmlich die zypriotischen Unternehmen spüren. Ihnen fehlen Finanzmittel. Gerade kleine Unternehmen, die in der Regel schwächer mit Liquidität ausgestattet sind und derzeit große Probleme bei der Kreditvergabe haben, werden betroffen sein. Hierauf sollte bei der geforderten Beteiligung Zyperns geachtet werden.“

Hierauf wurde mitnichten geachtet. Man kann annehmen, dass alle die Bürokraten, die nie in der Wirtschaft gearbeitet haben, keine Ahnung haben, welche Folgen eine solche Entscheidung hat: Eine Firma mit 40 Mitarbeitern hat monatliche Lohnkosten und Sozialabgaben, die die plakativen 100.000 Euro bereits übersteigen. Von der bei den Banken liegenden Liquidität werden die Gehälter ausgezahlt.

Ein Haircut von 40 Prozent kann das Todesurteil für eine Firma bedeuten. Denn Firmen dürfen, anders als Staaten und offizielle Körperschaften nicht mit ihrer Liquidität spekulieren. Ein Geschäftsführer, der das tut, macht sich strafbar. Zugleich bekommen die meisten Unternehmen für das Geld, das sie notwendigerweise bei der Bank herumliegen lassen müssen, keine Zinsen für das Geld. Kredite sind für die meisten Unternehmen ohnehin unerreichbar.

Wenn nun also Unternehmen 40 Prozent aus der aktuellen Liquidität herausgeschnitten werden, führt dies zu akuter Insolvenz-Gefahr. Die kann sich der Unternehmer nämlich nirgendwo holen, weil er in der Regel nicht über die Möglichkeiten der großen internationalen Konzerne verfügt. Für VW ist das alles kein Problem: Der Konzern parkt sein Geld in Offshore-Paradiesen, hat Heerscharen von Mitarbeitern, die das Geld verschieben können. Der mittelständische Maschinenbauer, Tourismusbetrieb oder Transport-Unternehmer kann das nicht.

Alle Unternehmen müssen künftig überlegen, wie sie sich von den Banken unabhängig machen können. Die Zeiten, dass man der „Hausbank“ vertrauen kann, sind vorbei. Ab sofort sind alle Banken in der Euro-Zone die Hausbanken für die Bürokraten in Brüssel. Sie verfügen über das Geld, das die Wirtschaft erarbeitet hat.

Von den Implikationen für die Wirtschaft machen sich Leute wie Lagarde, Van Rompuy, Barroso, Schäuble und Draghi überhaupt keine Vorstellung: Sie können nicht zwischen Vermögen und Liquidität unterscheiden, weil sie immer nur mit dem Geld von anderen, dem der Steuerzahler, jonglieren.

Ab nun muss man davon ausgehen, dass die undemokratische Troika die Guthaben auf jeder beliebigen Bank im Euro-Raum als ihr Eigentum betrachtet. Die Entscheidung, den Haircut bei der Bank of Cyprus durchzuführen, geht offenkundig darauf zurück, dass die EU und die zypriotische Regierung sich ganz einfach mal angesehen hat, wer denn wo ein Konto hat.

Dabei kam man zu dem Ergebnis: Bei der Laiki sind die kleinen Leute, da riskieren wir einen Volksaufstand. Bei der BoC dagegen sind es, wie der Blog Zerohegde spöttisch anmerkte, viele Konto-Inhaber mit einem „-ow“ am Ende des Namens. Also langt man dort zu. Das mag politisch verständlich sein. Rechtlich und aus Datenschutz-Sicht ist es die völlige Anarchie von oben, die die Euro-Retter praktiziert haben.

Der Deal wurde als Banken-Restrukturierung aufgebaut. Damit ist die letzte demokratische Hürde aus dem Weg geräumt: Das Parlament in Nikosia hat bei einer Banken-Restrukturierung nichts zu bestellen. Die Troika holt sich das Geld direkt bei den Bank-Kunden ab: Nicht bei den Investoren, die mit ihrem Investment auch eine Risiko-Abwägung hatten treffen müssen. All jene Naiven, die im Vertrauen auf „ihre“ Bank ein Konto eröffnet haben, müssen bluten, weil die EZB weiter „Notkredite“ an längst kaputte Banken vergeben hat.

Damit ist in Zukunft auch klar: Jeder Bank-Kunde muss vorher die Bilanz der Bank studieren, bei der er sein Geld deponiert. Aber selbst bei höchster Fachkenntnis wird ihm dies nichts helfen: Die größten Risiken der Banken liegen in den Derivaten, die in keiner Bilanz aufscheinen.

Die Nacht von Brüssel hat die Euro-Zone dem Supra-Staats-Sozialismus einen entscheidenden Schritt näher gebracht. Wie man in Griechenland gesehen hat, bringen Schuldenschnitte überhaupt nichts: Sie werden am Ende immer auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen.

Die Euro-Retter haben bewiesen, dass sie keinen Respekt vor dem Eigentum der anderen haben. Bundesfinanzminister Schäuble hat am Sonntag erklärt, dass auch die deutschen Sparguthaben nur solange sicher sind, solange kein Euro-Land pleitegeht.

Um das völlig aus der Bahn geratene politische Konzept einer vom Schulden-Krebs zerfressenen Euro-Zone so lange als möglich am Leben zu erhalten, gehen die Euro-Retter fats jeden Weg.


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Schäuble: Spareinlagen sind sicher, wenn es keine Staatspleite in Europa gibt

Deutsche Mittelstands Nachrichten  |  25.03.13, 12:25

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagt, die deutschen Spareinlagen sind sicher – sofern nicht ein europäisches Land zahlungsunfähig wird. Damit räumt Schäuble erstmals ein, dass der Euro-Crash von den deutschen Sparern bezahlt werden wird. Allerdings hält Schäuble die Vorstellung, ein Land könne pleitegehen, für „unrealistisch“.
Themen: Bank-Guthaben, Demokratie, Deutschland, EU, Euro, Europa, Gesellschaft, Gesetz, Juncker, Recht, Schäuble, Spareinlagen, Staatspleite, Vertrauen, Zwangs-Abgabe, Zypern

In einem Interview mit der Welt hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ein bemerkenswertes Statement abgegeben. Die Zeitung fragt: „Fürs Protokoll: Sind die Spareinlagen in allen anderen Euro-Staaten sicher?“, antwortet Schäuble:

Die Spareinlagen sind in Deutschland und in allen europäischen Ländern sicher, weil die Vorstellung, dass irgendein europäisches Land zahlungsunfähig wird, unrealistisch ist. In Deutschland gibt es die Sicherungssysteme der Banken für den nirgendwo erkennbaren Fall, dass eine Bank ins Straucheln gerät, und in dem äußerst unwahrscheinlichen Fall, dass diese Sicherungssysteme Probleme hätten, würde der Bundeshaushalt einspringen. Für Zypern gilt: Mit einem Hilfsprogramm, wie wir es vorgeschlagen haben, kann das Land vor der Insolvenz bewahrt werden. Dann greift auch die Einlagensicherung.

Damit räumt Schäuble erstmals ein, dass ein Zusammenhang zwischen den deutschen Spareinlagen und der Euro-Krise besteht.

Die Antwort ist deshalb so interessant, weil die Journalisten Schäuble gar nicht nach Deutschland gefragt haben. Schäuble hätte also ganz leicht antworten können: „Die Spareinlagen in Zypern, Italien etc. sind sicher…“

Stattdessen nimmt Schäuble Deutschland in die Antwort und sagt: Wenn „irgendein europäisches Land zahlungsunfähig wird“, dann sind die Spareinlagen „in Deutschland und in allen europäischen Ländern“ nicht mehr sicher. Schäuble hält diese Vorstellung für „unrealistisch“.

Das ist nicht sehr beruhigend, denn auch in der Zypern-Krise hat sich Schäuble offenbar in seiner Einschätzung geirrt.

Bei einer Pressekonferenz am 13. März 2013, also nur 3 Tage vor dem nächtlichen Zugriff auf die Bank-Konten in Zypern, berichtet Dow Jones von einer Aussage Schäubles auf einer Pressekonferenz:

„Zypern ist nicht in akuten Liquiditätsproblemen“, sagte Schäuble bei einer Pressekonferenz. Er verwies darauf, dass der Bankensektor im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung des Inselstaates überdimensioniert sei. „Die Lösung muss in diesem zu hohe Exposure des Bankensektors gesucht werden“, verlangte er.

Im Heute-Journal des ZDF sagte Schäuble am 19. März 2013:

Schäuble…sagte, die beiden größten Banken Zyperns seien insolvent, haben „seit Herbst 2011 keinen Zugang zu den Märkten mehr“ und seien nur mit Not-Liquidität von der EZB am Leben erhalten worden.

Innerhalb nur einer Woche wandelte sich Schäubles Sicht der Dinge in Zypern ins glatte Gegenteil: Von „keine Liquiditäts-Probleme“ bis „seit Herbst 2011 insolvent“.

Man muss also sehr vorsichtig sein, wenn Wolfgang Schäuble bestimmte Dinge für „unrealistisch“ oder „unwahrscheinlich“ hält. Das kann in eine Woche schon ganz anders aussehen.

Auch die Begründung, die Schäuble nun für die Sicherheit der deutschen Spareinlagen liefert, ist nur bedingt geeignet, den Bürgern Vertrauen einzuflößen.

Die „Sicherungssystem der Banken“ existieren nur in dem Sinn, dass der deutsche Steuerzahler nach dem Gesetz des „too big to fail“ Banken rettet, wenn sie nicht mehr weiter zocken können. Der „nirgendwo erkennbare Fall, dass eine Bank ins Straucheln gerät“ erinnert sehr an den Fall der belgischen Dexia-Bank: Sie war mit großem Pomp im Stresstest der Europäischen Bankenaufsicht als eine der Top-Ten sichersten Banken Europas bewertet worden, um wenige Monate später von den französischen und belgischen Steuerzahlern gerettet werden zu müssen.

Die Einlagensicherung bei den deutschen Banken existiert tatsächlich. Sie hat jedoch, wie aus ihrem Statut hervorgeht, keine Bedeutung. Denn: Ein Rechtsanspruch auf die Einlagen besteht nicht. Das Geld auf der Bank ist kein von den Eigentumsrechten der zivilen Gesellschaften geschütztes Gut. Es ist ein Versprechen, dass die Bank das Geld, das man ihr gegeben hat, auf Verlangen wieder an den Eigentümer zurückgeben werde.

Freilich können außergewöhnliche Umstände dazu führen, dass die Bank dieses Versprechen nicht einlösen kann.

Im Falle von Kapitalverkehrs-Kontrollen wie jetzt in Zypern heißt dies: Jede Maßnahme, die die Zentralbank oder eine andere Bank zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit für notwenig erachtet, kann ergriffen werden, um die Auszahlung der Bankguthaben zu blockieren.

Aber Schäuble ist nicht naiv, er weiß, dass es möglich ist, „dass diese Sicherungssysteme Probleme“ haben könnten. Der Fall ist für ihn „äußerst unwahrscheinlich“. Aber wenn es kracht, „würde der Bundeshaushalt einspringen“: Hier erweckt Schäuble den Eindruck, als wäre „der Bundeshaushalt“ ein Fonds, der von den Ölscheichs aus Saudi-Arabien und der UNICEF gespeist wird – eingesetzt, um den Deutschen zu helfen.

„Der Bundeshaushalt“ ist nichts anderes als die Gelder der deutschen Steuerzahler. Schäuble verspricht also mit dem ihm eigenen messerscharfen Intellekt: Wenn die Sparguthaben der Deutschen in Gefahr geraten, werden wir sie mit den Steuergeldern der Deutschen retten.

Wolfgang Schäuble weiß genau, was er sagt und was er tut.
Solche Interviews werden vorher schriftlich autorisiert. Da gibt es keinen Versprecher oder Irrtum.


Schäuble, dessen Master-Plan eine Euro-Zone nach dem Vorbild der deutschen Wiedervereinigung ist, bereitet die Deutschen auf den Ernstfall vor (über das damit zusammenhängende Ende der nationalstaatlichen Souveränität siehe das Video am Anfang des Artikels).

Schäuble verfährt dabei nach der Juncker-Methode: Der luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker hatte bereits 1999 erklärt, wie die EU-Politik ihre Umwandlung Europas in einen „europäischen Bundesstaat“ (Der Spiegel) betreibt:

„Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“

Juncker teilt mit Schäuble eine große Vision der EU. Der Spiegel schrieb 1999:

Der Bundesstaat Europa wird sogar eine Art Multikulti-Staatsvolk aufweisen. Hielten die Leute 2002 erst einmal die Banknoten und Münzen des Euro in den Händen, sagt Luxemburgs Juncker voraus, „dann bildet sich bald ein neues Wir-Gefühl: wir Europäer“.

Das „Wir-Gefühl“ in Europa stellt sich, zehn Jahre nach der Einführung des Euro, tatsächlich ein: „Wir stehen am Abgrund“, diese Erkenntnis beherrscht das Denken der Bürger im „Multikulti-Staatsvolk“ tatsächlich – von Tampere bis Messina, von Bukarest bis Dublin, von Aachen bis Maastricht.

Die Erkenntnis, dass alle europäischen Bank- und Sparguthaben vor der Gesetzes- und Rechtlosigkeit der EU gleich sind, wird dieses Wir-Gefühl mit Sicherheit weiter vertiefen.