Bedingungslose Selbstliebe – von der Kunst, sich SEIN zu lassen

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Wir alle sehnen uns nach Liebe. Aufgewachsen mit dem Glaubenssatz, das Liebe etwas ist, was man sich verdienen muss und was man nur von anderen Menschen erhält, wenn man sich in einer bestimmte Weise verhält oder anpasst, hat sich bei vielen von uns der Glaube verhärtet, dass die Quelle aller Liebe im Außen liegt. Die Quelle ist punktuell, zeitlich begrenzt und an Bedingungen geknüpft, wir besitzen hinsichtlich der Anwesenheit von Liebe nur wenig oder gar keinen Einfluss. Ein Teufelskreis aus Projektionen, Abhängigkeiten und der Verlust der eigenen Integrität sind die jahrelange Folge dieser verzerrten Wahrnehmung. Zumindest bei mir hat diese Verzerrung abstruse Formen angenommen. So konnte ich jahrelang das Alleinsein nicht ertragen, bin von einer Beziehung zur nächsten gehüpft, immer in der Hoffnung, endlich die so lang ersehnte Liebe zu erhalten. Wie sehr habe ich mich verbogen, mein Inneres verleugnet für ein bisschen geborgte Liebe.



Befreiung

Wie verzerrt meine Wahrnehmung von Liebe lange Zeit war, habe ich langsam erkannt. Allein der Gedanke, dass ich mir SELBST Liebe geben kann, ja das dies die erste Liebesquelle überhaupt ist, musste lange sacken. Erst im Laufe der Zeit habe ich wie ein Kleinkind, das zu Laufen beginnt, gelernt und gefühlt, für mich den Begriff „Liebe“ und all die damit verbundenen Sehnsüchte, Hoffnungen und Assoziationen neu zu definieren. Die Erfahrung, dass es tatsächlich möglich ist sich all dies, was man bisher dachte, nur durch Leistung und Anpassung zu erhalten, in jedem Moment und ohne jede Bedingung selbst zu geben, war und ist für mich immer noch immer unglaublich. Schön. Mit den daraus folgerichtigen Realisationen fühle mich oft noch unsicher, so ungewohnt ist das Gefühl: Ich bin frei. Ich brauche keine anderen Menschen, um mich warm, geborgen und geliebt zu fühlen. Manchmal kommen die Zweifel, immer wieder falle ich aus der Selbstliebe heraus und beginne, wieder im Außen zu suchen, Liebe zu erbetteln, mich angepasst zu verhalten, damit ich gesehen und geliebt werden. Und doch sind diese Momente im Nachhinein immer wieder nur eine stetige Erinnerung an das, was ICH wirklich bin. Liebe.


Selbstliebe zu festen Konditionen oder was nicht passt, wird passend gemacht

Mit dem Herausfallen aus der Liebe und der Begegnung mit alten Emotionen und noch älteren Verhaltensmustern meinen Frieden zu machen, ist gerade eine gewaltige Lernaufgabe. Mich selbst in den Arm zu nehmen, wenn ich mal wieder bedürftig durch die Welt stolpere oder mich in Projektionen verliere. Wenn ich mich wieder leer und hinter dicken Mauern verschanzt und genervt von meinen endlosen Prozessen fühle. Das all das SEIN darf. Dass ich mir die Zeit gebe, die ich brauche, egal wie oft mein Verstand mir suggerieren möchte, dass jetzt doch mal langsam gut zu sein hat, dass ich es doch endlich mal begriffen haben muss. Jedesmal, wenn ich dann loslasse, kann ich eine neue Dimension der Liebe zu mir selbst betreten. Ich spüre regelrecht, wie meine Seele aufatmet, weil ich endlich meine Widerstände gegen mich selbst aufgegeben habe.

Oft denken wir, wir können uns ändern, Verhaltensmuster durchbrechen, uns dahin begeben, wo und wie wir uns haben wollen, wenn wir Druck auf uns ausüben, wenn wir uns schelten, ob unseres offensichtlichen Unvermögens, wenn wir nur genug Bücher zu unseren Themen lesen, uns von einem Seminar zum nächsten schleifen oder uns dazu in irgendeiner anderen Form zwingen. So sehr wir uns immer von anderen gewünscht haben, bedingungslos geliebt zu werden, so ausgefeilt und erdrückend sind oftmals die Konditionen, zu denen wir uns selbst Liebe gewähren.

Ich habe die Erfahrung sooft gemacht- umso mehr Druck ich gedanklich auf mich ausübe, desto mehr Gegendruck entsteht in meinem Inneren und irgendwann explodiert das Ganze, meist zum eigenen Leiden und zum Schaden der direkten Umgebung. Oder ich spalte mich von mir selbst ab, weil ich den Druck nicht mehr aushalten.

Wir sind reine Liebe, reine bedingungslose Liebe ist unsere Essenz. Jedes mal, wenn der Fluss dieser Liebe in uns blockiert ist, führt der Weg zur Liebe nur direkt durch diese Blockade. Solange wir im Widerstand sind gegen was auch immer da blockiert, werden wir immer weniger Liebe in uns verspüren. Umso länger dieser Widerstand anhält, desto weniger werden wir überhaupt in der Lage sein, zu fühlen. Erst wenn wir unsere Blockade ansehen, in Frieden kommen, mit dem was blockiert, aufhören, uns zu verurteilen, für das was da gerade in uns hoch kommt, um endlich gesehen und angenommen zu werden, erst dann kann sich die Blockade auflösen und die Liebe wird wieder ungehindert fließen.


Den Raum wieder öffnen

Ich habe es unzählige Male erlebt, es läuft immer gleich ab. Erst entsteht ein subtiles ungutes Gefühl, das will ich weg haben, weil ich habe mich ja so gut in der Liebe gefühlt. Also ignoriere ich es erstmal. Es wird größer – es will ja angesehen werden. Ich fühle mich mehr und mehr undefinierbar unwohl und kann mich immer weniger leiden. Warum nur habe ich mich schon wieder aus dem Fluss der Liebe heraus begeben? Wie konnte das bloß geschehen? Ich fange an, erst den Grund für mein Unwohlsein im Außen zu suchen, werde mir jedoch meist relativ schnell meiner Projektionen bewusst und beginne nach Gründen in mir zu suchen. Und da stolpere ich auch schon über die jeweilige Situation, in der die Emotionen entstanden bzw. ausgelöst wurden. Dann beginnen die Selbstanklagen, weil ich in der entsprechenden Situation nicht anderes reagiert habe. Das ich es zugelassen habe, dass solche Emotionen überhaupt entstehen konnten. Diese Gedankenkreise können sich manchmal über mehrere Tage erstrecken. Und ich fühle, wie ich immer enger und enger werde. Wie der Druck in mir sich zuspitzt. Wie ich irgendwann kaum noch Luft zum Atmen habe. Warum? Weil ich mich an dem nicht-haben-wollen fest beiße. Weil nur noch diese bestimmte Emotion fokussiere und wie ich sie beseitigen kann. Damit wird der Raum in mir und um mich herum zusehends kleiner. Dieser schrumpfende Raum hat nur noch Platz für die verhasste Emotion und für meinen Widerstand dagegen.

Es so simpel. Und oftmals doch so schwer. Erst wenn ich in Frieden komme mit den ungeliebten Emotionen, sie mir ansehe, vielleicht mit ihnen kommuniziere, sie fühle ohne Abwertung und Verurteilung, nicht mehr versuche, in synthetischer Liebe zu agieren, obwohl es in mir extrem düster aussieht, erst dann kann meine Seele wieder atmen. Mit jeder noch so subtilen Annahme dessen, was gerade IST, wird der Raum in und um mich ein kleines Stückchen größer und es kann wieder Liebe fließen. Denn mit dem OK, was ich mir selbst gebe, folgt jedes mal auch ein Stückchen mehr Selbstliebe. Ich habe erlebt, wie sich der Raum in mir innerhalb von Minuten wieder mit Liebe füllt, obwohl ich viele Tage zuvor verbissen versucht habe, wieder in diese Liebe zu gelangen. Einfach nur, weil ich es hab SEIN lassen. Dann ist wieder Platz für Kreativität, Freude und Selbstausdruck, für all das, was ich vorher so vehement herbei zwingen wollte.

Für mich ist es gerade an der Zeit, eine tiefe Lektion mit mir selbst zu lernen: Meine Liebe zu mir an keine einzige Bedingung mehr zu knüpfen. Stück für Stück all die Bilder, Visionen und Vorstellungen davon, wie ich mich selbst gern hätte, los zulassen. Zu mir selbst zu stehen, auch wenn ich mich düster und verloren fühle. Genau in diesen Momenten in Liebe bei mir zu bleiben. Denn dann brauche ich es am meisten.


quelle:http://den-weg-gehen.de