Schuldenkrise: Ist Vollgeld die Lösung?

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von Yoshi Frey

Die wiederkommenden Finanzkrisen im kapitalistischen System wurzeln im heutigen Geldsystem, weil Banken praktisch das Monopol zur Geldschöpfung haben. Die Vollgeldinitiative strebt darum die Wiederherstellung des staatlichen Vorrechts der Geldschöpfung durch unabhängige Zentralbanken an. Diese einfache und schmerzfreie Reform würde die öffentlichen Haushalte konsolidieren, das Wirtschafts- und Beschäftigungsniveau erhöhen, das Finanzsystem stabilisieren und den Staat von der Erpressbarkeit durch die Banken befreien.


Während sich die Staatenlenker und Notenbanker den Kopf zerbrechen, wie sie die Bankenkrise und die Staatsverschuldung lösen sollen, so gibt es einige, die haben schon lange einen fertig ausgearbeiteten und durchdachten Vorschlag, wie diese Krise einfach und vor allem auch schmerzfrei gelöst werden kann. Doch in der Öffentlichkeit werden  diese Vorschläge  bisher stoisch ignoriert.


Die  Ursachen für die wiederkommenden Finanzkrisen im kapitalistischen System liegen im heutigen Geldsystem. Die Banken haben nämlich - unbemerkt vom Bewusstsein der Allgemeinheit - sich die Möglichkeit geschaffen, Geld „aus dem Nichts“ per Kredit zu schöpfen. Aus einer relativ kleinen „fraktionalen“ Menge an Zentralbankgeld kann mit Hilfe der s.g. “multiplen Geldschöpfung“ ein Vielhundertfaches an Kreditgeld durch die Geschäftsbanken geschaffen werden – und darauf Zinsen verlangt werden. Ca. 95% unseres Geldes kommt darum als Schulden in Umlauf, der Rest ist Bargeld. Da Geld also Schulden sind, können die Zinsen nur durch noch mehr Schulden bezahlt werden. Das ist ein Teufelskreis, der die Gesellschaft zur exponentiellen Verschuldung und ewigem Wirtschaftswachstum zwingt.  Die ganze Welt ist darum heute bis unters Dach verschuldet – und es gibt systemisch kein Entrinnen zu noch mehr Schulden und noch mehr Schuldendienst. Heute sind sogar die Staaten, die Schuldner „of last resort“, im Grunde bankrott. Niemand, auch unsere Kindeskinder nicht, werden jemals diese Billionen zurückzahlen können. Gleichzeitig explodieren die Geldvermögen, weil ja Schulden auf der einen Seite Vermögen auf der anderen Seite entsprechen. Die allerdings akkumulieren sich bei einigen Wenigen. Die Gesellschaften zerbrechen an dieser gefährlichen Dynamik. Die heutige Krise ist darum eine essentielle Systemkrise, ein „weiter so“ wäre sowohl fatal als auch ignorant.



Die prozyklische Kreditgeldschöpfung der Banken wurde in den letzten Jahrzehnten vor allem zur Spekulation benutzt, ohne Nutzen für die Realwirtschaft. Diese Wertsteigerungen, die an den Börsen „geschöpft“ werden, sind alles Wetten auf eine unrealistische Zukunft, die in diesem Masse nie erfüllt werden können. Platzen dann die Blasen, wie z.B. die Immobilienblase in den USA 2008, kommt es zu dramatischen Wertberichtigungen, in deren Zuge auch die Banken in Konkursgefahr geraten. Da bei einem Bankencrash auch unsere Zahlungsmittel  weg  sind,  muss der Staat (d.h. der Bürger) die Banken retten, damit die Wirtschaft nicht zusammenbricht. Banken sind aus diesem Grunde für die Gesellschaft „systemisch“ wichtig und eine Rettung durch den Staat erscheint „alternativlos“ (Merkel). Die Banken nutzen ihr Geldschöpfungsmonopol darum aus, um sich durch Spekulationsgeschäfte zu bereichern. Im Wissen, dass sie gerettet werden müssen, gehen sie Risiken ein, die ein normaler Unternehmer nicht eingehen würde. Die Spekulationsgewinne gehören dann den Banken und Geldbesitzern und die Schulden und Verluste dem Bürger. Kein Wunder, dass die Leute auf die Strasse gehen, wenn sie zur Kasse für die Rettung der Gewinne anderer gebeten werden. Das ganze System ist in jeder Hinsicht unhaltbar und eine ernsthafte Gefahr für die Stabilität der Gesellschaft.



Es reicht aber nicht aus wütend zu sein, es bedarf auch einer klaren Lösungsstrategie. Hier kommt die Initiative Monetative ins Spiel, die ich hier kurz präsentieren möchte. Die Initiatoren der Monetative vertreten die Auffassung, dass es unverantwortlich ist, eine für die Allgemeinheit höchst folgenreiche Aufgabe wie die Geldschöpfung  privaten, gewinnorientierten Unternehmen zu überlassen. Die Geldschöpfung hat von ihrer Bedeutung her Verfassungsrang. Darum auch der Name „Monetative“, die Geldschöpfung soll wie die Exekutive, Judikative und Legislative, eine vierte getrennte Gewalt im Staate sein, die frei von politischen und ökonomischen Interessen nur dem Wohle des Volkes dient.



Die Lösung heisst staatliches Geld, aber nicht Verstaatlichung der Banken. Alles Geld (darum der Name „Voll“-geld) soll in Zukunft von der „Monetative“, einer politisch unabhängigen Währungsbehörde vergleichbar der Europäischen Zentralbank, geschöpft und zins- sowie tilgungsfrei durch den Staat in Umlauf gebracht werden. Die Durchführung der  Reform ist denkbar einfach: Alle Guthaben auf unseren Girokonten werden per Gesetz zu gesetzlichen Zahlungsmitteln erklärt. Damit sind unsere elektronischen Zahlungsmittel, das Giralgeld, dem bisherigen Zentralbankgeld aus Geldscheinen und Münzen rechtlich gleichgestellt. Die Guthaben auf unseren Girokonten werden aus der Bilanz der Banken herausgelöst und als Geldkonten in eigenem Recht geführt. Falls  Banken pleite machen, sind wir  damit immer noch im Besitz unserer Zahlungsmittel. Dies ist ein grosser Vorteil für die Gesellschaft, denn nun ist sie nicht mehr gezwungen, Banken, die sich verspekuliert haben, zu retten.



Ab diesem Zeitpunkt darf nur noch die Zentralbank bzw. die Monetative unsere Zahlungsmittel schöpfen. Im Prinzip holen wir dadurch nur das nach, was schon vor hundert Jahren mit den Banknoten geschah, als der Staat die privat ausgegebenen Banknoten durch staatliche Zentralbanknoten ersetzte. Die vorgeschlagene Vollgeldreform würde einfach dasselbe mit unserem elektronischen Geld machen, was der Staat schon früher mit Geldscheinen tat. Wenn man so will, ist die vorgeschlagene Geldreform eine längst überfällige Anpassung und Aktualisierung an die heutigen technischen Begebenheiten -  nicht mehr und nicht weniger. Ansonsten ändert sich  nicht viel. Banken agieren wie bisher. Wenn sie Geld verleihen, dann ist es Geld, das sie selbst einnehmen oder Einlagen und Kredite, die sie weiterverleihen. Nur die Kreditgeldschöpfung „aus dem Nichts“ ist den Banken fortan untersagt, genauso wie sie heute auch nicht ihr eigenes Papiergeld im Keller drucken dürfen.



Eine Vollgeldreform hätte fünf entscheidende Vorteile:

1.)   Unser Geld wäre auch ohne Staatsgarantie sicher. Das Geld ist rechtlich dem Bargeld gleichgestellt und kann bei einem Bankencrash nicht mehr verschwinden. Der allgemeine Zahlungsverkehr ist dadurch gesichert und Politik und Staat sind nicht mehr erpressbar. Keine Bankenrettungspläne mehr zu Lasten der Bürger! Hurra!

2.)   Ohne die Möglichkeit der Banken, nach Belieben die Geldmenge zu erhöhen, würde den Finanzmärkten der Geldtreibstoff für die wiederkehrenden Spekulationsblasen ausgehen. Andererseits verstärkt die oftmals restriktive Kreditvergabe der Banken in einer Krise einen negativen Trend. Die Monetative könnte hier kontrazyklisch wirken. Konjunkturzyklen verlaufen also moderater.

3.)   Durch Vollgeld hätte die Zentralbank resp. Monetative die Geldmenge erstmals wirklich zu 100% im Griff, d.h. sie kann Inflation und Deflation wirksam entgegenwirken, indem sie die Geldmenge exakt dem Bedarf der Realwirtschaft anpasst. Im jetzigen System hingegen ist den Zentralbanken praktisch die Kontrolle über die Geldmenge entglitten.

4.)   Der laufende Gewinn aus der Geldschöpfung käme ungeschmälert dem öffentlichen Haushalt zugute und nicht länger den Banken als leistungsloser Extragewinn. Der Geldschöpfungsgewinn betrug zuletzt in Deutschland zwischen 50-100 Milliarden Euro jährlich, ca. 4-8% des öffentlichen Gesamthaushaltes.

5.)   Von besonderer Bedeutung in der aktuellen Staatsschuldenkrise ist die Tatsache, dass sich durch eine Vollgeldreform eine einmalige Gelegenheit ergäbe, die drückende Staatschuld einfach und schmerzfrei zu reduzieren - und zwar drastisch. Mit der Reform tritt Vollgeld, das von der Monetative in Umlauf gebracht wird, an die Stelle des heutigen verzinslich per Kredit von den Banken „aus dem Nichts“ geschöpften Giralgeldes. Es handelt sich hier aber auch um das Interbanken-Giralgeld sowie der Kreditschulden der Banken bei der Zentralbank. Dieser verzinsliche Bestand an altem Kreditgeld würde durch Vollgeld ersetzt, woraus der Staat einen einmaligen Geldschöpfungsgewinn einstreichen könnte, der die Staatschulden nach heutigem Stand um fast 2/3 reduzieren könnte.



Als Resultat der Reform würde der Staat einen deutlich geringen Schulddienst zu leisten haben und in der Folge von seinen Bürgern weniger Steuern fordern müssen bzw. mehr Geld für öffentliche Aufgaben zur Verfügung haben. Zusammengefasst würde also durch diese einfache Reform das allgemeine Einkommensniveau erhöht, die öffentlichen Haushalte konsolidiert, das Wirtschafts-und Beschäftigungsniveau erhöht, das Finanzsystem stabilisiert und der Staat von der Erpressbarkeit durch dieProdukt-Information Banken befreit. Sonst noch Wünsche? Ja, dass dieser Vorschlag im Bundestag diskutiert wird!

Zum Buch des Autors:

Die gläubigen Schuldner: Die spirituellen Gründe des Geldwahns

Quelle: http://www.mmnews.de/index.php/wirtschaft/8635-schuldenkrise-ist-vollgeld-die-loesung