Agrobusiness-Konzerne zerstören das Erbe der Menscheit

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EU-Kommission will privates Saatgut unter Strafe stellen
F. William Engdahl


Eine neue Initiative der EU-Kommission trägt alle Merkmale intensivster Lobbyarbeit durch Monsanto und andere Hersteller von gentechnisch verändertem Saatgut: Ein neues Gesetz würde Brüssel weitere Vollmachten über das pflanzliche Leben und das Saatgut in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten geben. Unter dem Deckmantel, »alte Gesetze den heutigen Gegebenheiten anzupassen«, veröffentlichte die Kommission – die in vieler Hinsicht zu den korruptesten Institutionen in Europa gehört – am 6. Mai den Entwurf für ein »Gesetz über pflanzliches Reproduktionsmaterial«, das für alle Pflanzen gilt, unabhängig davon, ob sie gewerblich oder privat angebaut werden.


Der Gesetzentwurf umfasst sofortige Restriktionen für Gemüse und Waldbäume, schafft hinterlistig aber auch Vollmachten, die dazu genutzt werden können, in Zukunft solche Restriktionen auch für alle anderen Pflanzen einzuführen. Der offizielle Name des vorgeschlagenen Gesetzes lautet »Entwurf einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Produktion und Markt-Bereitstellung von pflanzlichem Reproduktionsmaterial«.
Nach diesem neuen Gesetz wird es sofort strafbar, Gemüse- oder Baumsamen auszusäen, zu reproduzieren oder zu vermarkten, die nicht zuvor von einer neuen »EU-Behörde für Pflanzenvielfalt« getestet und zugelassen wurden. Die neue Behörde wird eine Liste der »zugelassenen« Pflanzen erstellen. Außerdem erhebt sie eine jährliche Gebühr dafür, dass eine Pflanze auf der Liste bleibt; wird nicht gezahlt, darf die Pflanze nicht angebaut werden. Gemäß dem Gesetzentwurf müssen alle Gemüse- und Obstsorten und alle Baumarten offiziell registriert sein, bevor sie reproduziert oder verteilt werden dürfen. Die Verfügbarkeit von Saatgut wird dadurch erheblich eingeschränkt. Für kleine Saatgutproduzenten, die nicht über die enormen finanziellen Mittel der großen Konzerne wie Monsanto verfügen, bedeutet der Umgang mit der Bürokratie einer zentralen Behörde für Pflanzenvielfalt einen erheblichen Aufwand an Zeit und Geld.
Unter großem öffentlichem Druck – unter anderem wurden mehr als 200.000 Unterschriften unter eine Petition gesammelt – hat EU-Kommissar Borg einige minimale Ausnahmen in das neue

Gesetz aufgenommen:
•    Hausgärtner dürfen unregistriertes Saatgut aufheben und tauschen, ohne damit gegen das Gesetz zu verstoßen.
•    Kleine Organisationen dürfen unregistrierte Gemüsesamen anpflanzen und liefern – allerdings nur, solange sie nicht mehr als zehn Angestellte beschäftigen.
•    Saatgutbanken dürfen unregistrierte Samen anbauen, ohne damit gegen das Gesetz zu verstoßen, dürfen sie aber nicht für die Öffentlichkeit verfügbar machen.
Diese Ausnahmen wurden gemacht, um die Öffentlichkeit zu beschwichtigen. Aber der Gesetzentwurf enthält auch Paragrafen, wonach die EU-Kommission alle Zugeständnisse jederzeit widerrufen könnte, ohne dass das Parlament erneut darüber abstimmen müsste. Das Ganze ist ein weiteres Beispiel dafür, wie weit die EU-Kommission von demokratischer Kontrolle oder Rechenschaftspflicht entfernt ist.

EU-Landwirtschaftskommissar war gegen das Gesetz

Noch etwas ist höchst merkwürdig bei dem Gesetzentwurf zur Reglementierung von Pflanzen: Der EU-Landwirtschaftskommissar äußerte intern seine Ablehnung; der Entwurf wurde daraufhin im Direktorat für Verbraucherschutz formuliert, dem Tonio Borg, der maltesische EU-Kommissar für Verbraucherschutz, vorsteht.i

Fast alle Samen alter Gemüsearten werden nach dem neuen EU-Gesetz verboten. Damit wird das Aufheben und Weitergeben von Saatgut von einer Generation zur nächsten – ein Grundpfeiler nachhaltigen Lebens – in Zukunft geahndet werden. Viele Gemüse- und Getreidearten werden durch die neue Verordnung verschwinden. Schon in den letzten Jahrzehnten ist die Zahl der vornehmlich angebauten Nahrungspflanzen von 5.000 auf nurmehr 1.000 Arten – vor allem die, mit denen die Konzerne echtes Geld verdienen –zurückgegangen.ii Jetzt ist vorgesehen, dass nur die Arten erlaubt sind, die ein kompliziertes und sehr kostspieliges EU-Zulassungsverfahren durchlaufen. Diesen bürokratischen Aufwand können sich nur einige wenige Großkonzerne leisten.

Entgegen der öffentlichen Beteuerung, das Gesetz sei nötig, um die alten Gesetze »den veränderten Bedingungen anzupassen«, scheint eindeutig, dass es das Resultat intensiver Lobbyarbeit der globalisierten Agrobusiness-Saatgut-Industrie ist, die für den Umgang mit Gen- und Pflanzenpatenten neue Gesetze braucht. Außerdem wollen die Konzerne in der Lage sein, »ihre« industriellen Sorten oder Gene ungehindert registrieren zu lassen und sie selbst zu verkaufen, ohne Lizenzgebühren dafür entrichten zu müssen. Hinter dem Gesetz wird die Hand von Monsanto vermutet. Monsanto hält heute Patente über circa 90 Prozent des gentechnisch veränderten Saatguts auf der ganzen Welt; der Konzern ist mittlerweile der größte Besitzer kommerziellen Saatguts. Alle US-Regierungen seit 1992 haben ihre GVO-Politik direkt von ehemaligen Monsanto-Mitarbeitern wie dem Vizechef der Lebensmittelbehörde [Food and Drug Administration], Michael R. Taylor verfassen oder umsetzen lassen. Taylor war früher Vizepräsident von Monsanto.iii

Frei reproduzierbares Saatgut ist ein unveräußerlicher Teil des Erbes der Menschheit. Obligatorische Auflistung und offizielle Zertifizierung von Gemüsesamen hilft nur den Agrobusiness-Konzernen wie Monsanto. Indem der private Anbau von Gemüse kriminalisiert wird – und dadurch Gärtner zu potenziellen Verbrechern gemacht werden –, übergeben EU-Bürokraten mächtigen Konzernen wie Monsanto die volle Kontrolle über die Nahrungsmittelversorgung.

Positiv ist zu vermelden, dass Bürgerinitiativen massiv gegen das Gesetz mobil gemacht haben, durch Petitionen und andere Aktionen. Noah’s Ark (Arche Noah) und 240 weitere Organisationen aus 40 europäischen Ländern haben einen »offenen Brief« initiiert, indem die Brüsseler Bürokraten aufgefordert werden, diesen Wahnsinn zu beenden.

Monsanto, Syngenta, BASF, DuPont und andere Saatgutkonzerne haben zugegeben, dass sie die völlige Dominanz über das gesamte Saatgut und alle Feldfrüchte anstreben, die auf der Erde angebaut werden. Dadurch, dass sie den privaten Gemüseanbau kriminalisieren – und dabei Gärtner zu Verbrechern machen –, können EU-Bürokraten endlich mächtigen Konzernen wie Monsanto die Kontrolle über die Nahrungsmittelversorgung übertragen.




Soja gibt es bald nur noch in gentechnisch manipulierter Form


Deutsche Wirtschafts Nachrichten  |  Veröffentlicht: 21.05.13, 01:34  |  Aktualisiert: 21.05.13, 01:35

Europäische Lebensmittel-Händler beklagen eine Knappheit an konventionell angebauter Soja. Schuld sei der rasante Siegeszug der Gentechnik. Den Konsumenten droht eine signifikante Einschränkung ihrer Wahlfreiheit.
In Brasilien müsse auch in Zukunft gentechnikfreie Soja angebaut werden, fordern Einzelhandles-Ketten aus mehreren europäischen Ländern in einer gemeinsamen Erklärung. Millionen Tonnen an Kraftfutter aus Sojabohnen werden in Europa jährlich an Nutztierarten verfüttert. Die Hülsenfrucht ist damit einer der wichtigsten Grundstoffe für die Produktion tierischer Lebensmittel – von Fleisch über Milchprodukte bis hin zu Eiern.

Brasilien ist eines von wenigen bedeutenden Soja-Exporteuren, in denen es überhaupt noch nennenswerte Marktanteile von gentechnikfreien Sorten gibt. In den USA oder Argentinien hingegen wird kaum noch Soja gepflanzt, der nicht genmodifiziert ist. Mehr als 70 Prozent der weltweiten Soja-Flächen werden mittlerweile mit gentechnisch veränderten Sorten bebaut.
Seit dem Jahr 2005 sei der Anteil an gentechnikfreier Soja in Brasilien kontinuierlich zurückgegangen, heißt es in der gemeinsamen „Brüsseler Soja-Erklärung“ der Handelsfirmen. Diese Entwicklung sei auch eine Folge der erhöhten Nachfrage nach gentechnisch veränderter Soja in China. Dadurch würde die Nachfrage nach herkömmlichem Sojabohnen an Bedeutung verlieren. Kleinere Mengen bedeuten auch teurere Produktionsbedingungen. Der Konsument, der Wert auf gentechnikfreie Lebensmittel setzt, wird kräftig zur Kasse gebeten. Bei einer zunehmenden Vertiefung der Entwicklungen besteht schließlich irgendwann gar keine Wahlmöglichkeit mehr.
Laut Zahlen des Biotech-Interessensverbandes ISAAA hat sich die Anbaufläche von gentechnisch verändertem Soja zwischen 2000 und 2012 mehr als verdreifacht. Soja umfasst damit die Hälfte aller weltweit mit Gentechnik-Pflanzen bewirtschafteten Flächen. Seit Jahren ist Brasilien der Motor dieser Entwicklung. 2012 nahm dort allein im Vergleich zum Vorjahr die Anbaufläche von gentechnisch veränderten Pflanzen um 21 Prozent zu. Dies geschah aber nicht nur auf Kosten der konventionellen Landwirtschaft. Ohne die Rodung immer größerer Regenwaldgebiete zur Flächengewinnung wäre der Siegeszug der Gentechnik ebenfalls nicht möglich.
In ihrem Papier bieten die Einzelhandelsfirmen ihre Unterstützung für den brasilianischen Soja-Anbau an, ohne dabei jedoch konkret zu werden. Zu den Unterzeichnern gehören neben Handelsketten aus Belgien, Österreich und Portugal die Unternehmen Rewe, Edeka, tegut, Kaiser´s Tengelmann, Lidl, Netto und Kaufland sowie der Deutsche Verband Tiernahrung (DVT). Die vorgeschlagenen Maßnahmen umfassen einen erleichterten Zugang zu nicht genmanipuliertem Saatgut für Brasiliens Landwirte und eine „faire“ Aufteilung der Gewinne, die im Rahmen der gesamten Produktionskette von Lebensmitteln anfallen.
Die Initiative ist trotz der nicht zu unterschätzenden Marktmacht der beteiligten Ketten wohl kaum mehr als ein kleiner Funke. Zudem ist die Rolle der Einzelhandels-Riesen nicht unumstritten. Gerade die Forderung nach fairer Gewinnbeteiligung der Erzeuger geht meilenweit an dem vorbei, was die Händler seit jeher in der Realität vertreten.
Sie sind damit selbst Teil des Umbaus der weltweiten Lebensmittel-Produktion zugunsten des von wenigen Agrarkonzernen beherrschten Gentechnik-Marktes (hier). Neben dieser beobachtbaren wirtschaftlichen Konzentration sind viele gesundheitliche, soziale und ökologische Risiken noch gar nicht absehbar.




Krankheiten, Unfruchtbarkeit, Tod - Folgen von 15 Jahren Gen-Soja-Anbau