Jörg Andrees Elten

Freitag, den 04. Juni 2010 um 14:36 Uhr

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Business as usual – nein danke!

Die Finanzkrise hat uns geschockt – aber haben wir etwas daraus gelernt?

Das Gewitter hat sich verzogen. Es gab gewaltigen Donner. In vielen Banken hat der Blitz eingeschlagen, aber der Schaden bleibt unsichtbar. Ist er vielleicht ganz woanders entstanden, als dort, wo es gekracht hat? An den Börsen geht es jedenfalls wieder bergauf. Aber sonst?

Die ganze Finanzkrise hat etwas merkwürdig Undurchschaubares. Wo sind zum Beispiel die Milliarden geblieben, die den Banken plötzlich gefehlt haben? Das Geld hätten gierige Manager verzockt, heißt es. Okay – aber irgendjemand muss es doch eingesackt haben. Oder ist das Geld etwa in einer Müllverbrennungsanlage verheizt worden?

Und wo sind die Milliarden geblieben, die der Steuerzahler für die Rettung der Banken locker gemacht hat?  Die sollten doch -  damit die Konjunktur wieder auf Touren kommt -  in Form von Krediten an die Wirtschaft durchgereicht werden, vor allem an mittelständische Unternehmen. Aber dort ist, wie man im Wirtschaftsteil lesen kann, fast nichts angekommen.

Die Regierung sagt, die Rettung der Banken sei absolut notwendig gewesen, sonst hätten wir alle unsere Spareinlagen verloren. Wenn das keine Erpressung ist! Wir müssen unserer Bank Geld geben, damit das Geld, das wir ihr anvertraut haben, nicht verschwindet und damit die Banker in den Chefetagen ihrer Wolkenkratzer so weiter machen dürfen wie bisher? Ist das nicht total verrückt?

 

 

Viele Wirtschaftswissenschaftler, darunter der Nobelpreisträger Paul Krugman, haben eine gerechtere Lösung vorgeschlagen. Wenn der Steuerzahler den Banken Kapital gibt, sollte er auch, wie alle anderen Investoren, Miteigentümer der Bank werden. Mit anderen Worten: Der Staat sollte im Interesse der Steuerzahler die Banken verstaatlichen. Vorübergehend jedenfalls. Sobald die Banken wieder gute Geschäfte machen, können sie dem Steuerzahler sein Geld zurückgeben und auf diese Weise die Verstaatlichung rückgängig machen.

Eine tolle Idee! Aber die Medien haben sie ignoriert. Die Banken-Lobby hat dafür gesorgt, dass die Politiker sie nicht aufgreifen und wir Staatsbürger haben uns nicht stark dafür gemacht.

Die geradezu gespenstische Willfährigkeit der Bürger ist inzwischen zu einem fundamentalen Problem für unsere Demokratie geworden. Der Bürger redet nicht mehr mit. Er hat längst den Durchblick verloren. Die Medien schüren seine Ängste, und wer Angst hat, schreckt vor Veränderungen zurück.

 

Quelle Jörg Andrees Elten und weiterlesen bei:

 


Alle spirituellen Meister gehen ihren Mitmenschen auf die Nerven

Die Hamburger Publizistin und Radiomoderatorin Gabriele Heise im Gespräch mit Jörg Andrees Elten. Schwerpunkt des Gesprächs ist der indische Weise Osho, dem Elten in den 70er Jahren als Berichterstatter des "stern" im Aschram von Poona begegnete. Seine Reportage brachte damals Tausende von jungen Menschen vor allem aus den reichen Industrienationen dazu, sich nach Indien auf den Weg zu machen und den Weg der meditativen Selbsterforschung zu entdecken.

 

Herr Elten, wir sind uns schon einmal begegnet -  vor 30 Jahren.  Sie saßen im roten Kleid unter einem Baum neben der Meditationshalle auf dem Gelände des Aschrams von Poona und tippten in eine Reiseschreibmaschine. Haben Sie die Entscheidung, sich vor 30 Jahren Bhagwan anzuschließen, jemals bereut?

Nein, überhaupt nicht. Ich betrachte die Begegnung mit Osho als den größten Glücksfall in meinem Leben. Er hat mir geholfen, die Vergangenheit hinter mir zu lassen. Die Geldmaschine Elten verschwand - der spirituelle Sucher Elten machte sich auf den Weg. Ich habe damals meinen Job hingeschmissen, meinen Haushalt aufgelöst und bin nach Indien gegangen. Es war ein Drahtseilakt ohne Netz. Ich kam dabei ganz schön ins Schwitzen. Aber das Risiko hat mich lebendiger gemacht. Ich bin jetzt 80 und fühle mich wie 40. Ich habe gelernt, die Welt jeden Tag frisch anzuschauen.

Damals waren die Medien voller Sensationsgeschichten und Warnungen vor einem Guru, der freie Liebe und Meditation verordnete. Hat Sie das nicht zweifeln lassen?

Für die Boulevard-Presse war der Aschram von Poona natürlich ein gefundenes Fressen. Mit dem Reizwort "Freie Liebe" hat sie Rudelbumsfantasien geweckt und die Spießerinstinkte des Stammtischs mobilisiert. Dabei gibt es doch keine Liebe, wenn sie nicht frei ist. Und Meditation ist inzwischen für viele Menschen eine Überlebenstechnik im Zeitalter des globalen Wahnsinns. Hatte ich Zweifel? Ja, natürlich. Schließlich war ich als Reporter nach Poona gekommen, und Reporter sind berufsmäßige Zweifler. Ich habe Bhagwan sehr kritisch unter die Lupe genommen. Auf keinen Fall wollte ich auf einen Scharlatan hereinfallen.

Damals in den 70er Jahren war eine Zeit  des radikalen Problematisierens und Selbstthematisierens. Auf der einen Seite propagierte die Rote Armee Fraktion (RAF) um Ulrike Meinhoff und Andreas Baader den gewaltsamen Umsturz des Systems, auf der anderen Seite wuchs die Bereitschaft vieler junger Menschen, sich durch Meditation selbst zu verändern. Sehen Sie einen Zusammenhang?

Die radikale Protestpolitik der RAF ist an der Arroganz der Aktivisten gescheitert. Die hielten sich für die revolutionäre Speerspitze des Proletariats, dabei konnten sie keinen Satz sprechen, den irgendein Arbeiter hätte verstehen können. Sie redeten viel und konnten nicht zuhören. Ich war einmal zu einem hochkapitalistischen Ereignis eingeladen - zum festlichen Bankett anlässlich der Schiffstaufe eines Hamburger Bananendampfers. Meine Tischdame hieß Ulrike Meinhof. Die radikale Kolumunistin und spätere RAF-Chefin war sehr stylish gekleidet. Mit ihrem Mann war sie in einem postgelben Porsche vorgefahren. Bei Tisch diskutierte ich mit Ulrike über den Schah von Persien. Ich kannte ihn und sein Land ganz gut. Ulrike war nie im Iran gewesen. Sie war charmant und tanzte gut, aber sie hatte keine Ahnung, wovon sie sprach. Dabei wollte sie mich natürlich belehren. Ich fand sie erschreckend unintelligent, denn für mich ist Intelligenz unvoreingenommene Neugierde. Sie war, wie alle anderen RAF-Revolutionäre, weder unvoreingenommen, noch war sie neugierig. Sie hatte einfach Recht…

 

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